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Tango Kolumne
Der perfekte Tanzpartner

 

EINBLICKE IN DIE TANGOSZENE: TEIL 3 DER REIHE VON LEA MARTIN

Tango-Kolumne Teil 3: Lass Dich einfach fallen beim Tango tanzen

Die Auswahlprozesse in Tanzbörsen gestalten sich nüchtern: „Suche schlanke Sie, maximal 1,70 m (mit Absätzen), für mindestens drei Abende in der Woche, dazu Privatstunden und Workshops am Wochenende.“ Je klarer die Ansagen, desto geringer das Risiko enttäuscht zu werden. Bei allzu viel Klarheit vergeht zumindest mir allerdings die Lust. Wer sagt denn, dass der Führende unbedingt größer sein muss? Und wer, dass schlanke Menschen besser tanzen? Auch wer allzu felsenfest davon überzeugt ist, die eigene Tanzschule sei mit Abstand die beste, kennt meist nur einfach die anderen nicht. Man muss ja nicht gleich quer durch Berlin füreinander fahren, aber ein bisschen Offenheit für Neues gehört zu meinem (wenn auch laienhaften) Verständnis von Tango dazu.

 

Bei Schnupperkursen oder offenen Tanzabenden lässt sich live testen, ob die Chemie stimmt und das Tanzlevel passt. Als Anfängerin habe ich es vergleichsweise leicht, weil es manch fortgeschrittenem Tänzer gefällt, seinen Beschützerinstinkt (wenigstens) auf der Tanzfläche ausleben zu dürfen. Mich überzeugt Karlheinz, der bereits viele Einsteigerinnen in den Tango begleitet hat und in der Tanzschule, die er empfiehlt, bestens bekannt ist. Wir befinden uns in einer herrlichen win-win-Situation: Er frischt (als kostenfreier Gasttänzer) seine Grundschritte noch einmal auf und ich genieße die Leichtigkeit, mit der er mich über das Parkett wirbelt, während ringsum noch alle die ersten Gehschritte üben. (Führende haben ein hartes Los: Sie müssen die Schrittfolge planen, klare Impulse vermitteln, den Überblick behalten und sind im Zweifel auch noch schuld, wenn ihr Fuß mal der untere ist.) In den Pausen zwischen Kurs und Milonga (allmählich sortieren sich die Begriffe in meinem Kopf) gehen wir etwas essen und ich genieße, dass Karlheinz vom Tango wie von einem besten Freund erzählt, dem jeden Tag neu zu begegnen man nicht müde wird. Im wirklichen Leben arbeitet er als Pädagoge, doch dies wirkliche Leben verblasst, wenn er die Augen schließt, vor dem ersten Schritt, den er so behutsam setzt, als streiche ein Finger über‘s Klavier.

 

Der beste Tanzpartner ist jemand, mit dem es Spaß macht, Dinge auszuprobieren, und nicht peinlich ist, wenn etwas nicht klappt. Wenn sich dann für leuchtende Momente jenes Tango-Feeling einstellt, bei dem wir vergessen, dass wir Anfänger/innen sind, können wir die Suche nach dem perfekten Tanzpartner als erfolgreich abhaken (jedenfalls bis zur nächsten Kurve, die das Leben so nimmt).

 

"Der perfekte Tanzpartner" aus „Tango Dreams“

 

Alle Rechte (Text) bei Lea Martin, Berlin 2015

 

Foto: tangokultur.info (aufgenommen im NOU Mitte)

 

 

 

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