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Tango Kolumne
Tango-Casanova

 

EINBLICKE IN DIE TANGOSZENE: Teil 32 DER REIHE VON LEA MARTIN

Wenn das Leben Tango mit Dir tanzt

Casanova war kein Tangotänzer. Aber viele, die Tango Argentino tanzen, sind wohl bei ihm in die Schule gegangen. Fliegende Beine, Verführung im Blick. Ein gefundenes Fressen für jeden, der gern erobert.

Zwar gilt grundsätzlich der wohlmeinende Lehrbuchrat, in Tanzpartnerinnen große Schwestern zu sehen, die nah und vertraut, keinesfalls aber erotisch anziehend sein dürfen. Doch was kümmert das moderne Tangueros? Sie müssen gar nicht viel tun. Als Tangotänzer sind sie per se attraktiv. Manch einer erhält eindeutige Angebote, die bei Licht betrachtet zwar weniger seiner Person als der Sinnlichkeit des Tango und einer Musikalität gelten, die keine besondere Tugend darstellt. Doch wen interessiert das...?!

Nachts wach zu liegen und darüber nachzudenken, ob die Schlaflosigkeit dem Tango an sich oder einem speziellen Tanguero geschuldet ist, läuft im Ergebnis auf dasselbe hinaus. In Tangonächten zählt nicht, was jemand leistet, was er verdient. Es zählt, wie er führt und sich anfühlt, wie er atmet und riecht. Ob Tango-Casanova (der Frauen - bis er sie erobert hat - aufrichtig liebt) oder eher Tango-Don-Juan (dem es nur einfach um Sex geht), macht keinen Unterschied, sobald der Funke gesprungen ist: und man mehr will als tanzen.

Mehr heißt... Schmetterlinge zu spüren, von Liebe zu träumen. Kann das gut gehen, der Traum von der Liebe auf dem Tangoparkett..?! Aus melancholischem Tangofeeling romantische Sehnsüchte abzuleiten ist menschlich. Sehnsüchte und Träume halten uns lebendig. Erst wenn sie zu Illusionen werden, können sie das innere Gleichgewicht empfindlich stören. Doch wo ist die Grenze...?! Wieviel Gefühl ist erlaubt...?! Ein guter Tangotänzer ist nicht automatisch ein guter Partner. Oder auch nur ein guter Liebhaber. (Was immer das ist.) Wer Gefühle zeigt, riskiert, enttäuscht zu werden, verletzt. (Und wer keine zeigt, bereut es meistens.) Die Choreographie seiner Eroberungskunst wird uns erzählen, wie der Tanguero tickt, der es uns angetan hat, und ob sein Begehren auf der Zielgeraden ins Bett und von dort zum nächsten Abenteuer führt. Spätestens wenn das spürbar wird, ist der Punkt erreicht, die eigene Achse wiederzufinden und zu realisieren, wohin ein Tango-Casanova gehört: vielleicht in eine Flirt-Fever-Nacht, aber eher nicht... in unser Herz.

 

 

"Tango-Casanova" aus „Tango Dreams“

 

Alle Rechte (Text) bei Lea Martin, Berlin 2017
Foto: tangokultur.info

 

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