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Update: Tango in Buenos Aires

Tango tanzen in Buenos Aires, Teil II:

Ein Milonga-Wochenplan für Einsteiger*innen (Update vom November 2022)

von Christine Garbe (Berlin / Buenos Aires)



Tango tanzen in der Milonga DE MIS AMORES in Buenos Aires
MILONGA DE MIS AMORES / Buenos Aires

Vorbemerkung: Im Februar und März 2022 war ich sieben Wochen in Buenos Aires und habe meine Impressionen von der Stadt und ihren Milongas nach zwei Jahren erzwungener Pandemie-Pause auf meiner Facebook-Seite und im Blog der Webseite tango-argentino-online.com geteilt (insgesamt fünf Berichte und ein Interview), dazu in der Facebook-Gruppe „Tango tourists in Buenos Aires networking together“ mehrere Besprechungen zu einzelnen Milongas. Meine „Gebrauchsanweisung“ zum Tangotanzen in der Tango-Metropole war so etwas wie das Fazit meines Aufenthaltes – und die Frucht vieler früherer Aufenthalte in meiner Herzens-Stadt. Nun verbringe ich den November wieder in der Stadt und muss feststellen – nicht wirklich verwunderlich! – dass sich in den vergangenen 8 Monaten manches geändert hat und ich meinen Milonga-Wochenplan aktualisieren muss. Denn von November bis März oder April ist ja die Hauptreisezeit für Tango-Tourist*innen, die dem Winter in Europa, den USA oder anderen Ländern der Nordhalbkugel entfliehen wollen. Also auf nach Buenos Aires und hinein in den Trubel der hiesigen Milongas, der sich fast wieder so anfühlt wie in den ‚guten alten Zeiten‘ vor der Pandemie! (Aktuell gibt es nirgendwo mehr Einschränkungen, weder bei der Einreise noch im Land, fast niemand trägt mehr Masken, weder in den Milongas noch in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Geschäften oder Restaurants, das Leben hat sich hier wieder auf eine angenehme Weise normalisiert.)

Was ich im März 2022 geschrieben habe über das, was man allgemein über das Tangotanzen in Buenos Aires wissen sollte, hat sich nicht verändert; ich habe es nun von dem vorliegenden Update abgetrennt und mache es separat zugänglich – für viele ‚alte Hasen‘ wird es nichts Neues enthalten: „Tango tanzen in Buenos Aires, Teil I: Las Milongas de Buenos Aires te esperan! – Eine Gebrauchsanweisung für Einsteiger*innen.“


Hier als PDF zum Nachlesen:

Tangotanzen_in Buenos Aires_Teil I_update_November 2022
.pdf
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Was sich allerdings ändert, sind die Milongas und die Orte, an denen sie stattfinden. Darum muss ich vor allem meinen Wochenplan vom März 2022 aktualisieren. Einige wichtige Veränderungen vorab:

  • ERFREULICH: Es gibt wieder eine (traditionelle) Samstags-Milonga, in der man bzw. frau als Single leicht Anschluss findet, wo also die Paare am Samstag nicht unter sich bleiben: Die „Milonga de Buenos Aires“, die früher am Freitag Abend im Obelisco Tango stattfand, findet nun am Samstag von 18.00 bis 2.00 Uhr im Abasto Hotel statt.

  • AUCH ERFREULICH: Das „El Rodriguez“ von Marta Famá, eine gediegene traditionelle Milonga mit gutem Tanzniveau am Mittwochabend, die ich im Februar und März noch vermisst hatte, findet nun wieder wie vor der Pandemie im Club Liber Piemont (Villa Crespo) statt. Wie auch in der „Milonga de Buenos Aires“ ist hier eine Reservierung unbedingt zu empfehlen, auch wenn frau oder man allein kommt.


Tango tanzen in der Milonga El Rodriguez in Buenos Aires
Milonga EL RODRIGUEZ / Buenos Aires

  • SEHR TRAURIG: Ab Januar 2023 werden im legendären Salon Canning keine Milongas mehr stattfinden! Offenbar haben die Besitzer andere kommerzielle Interessen, die sich mit der bisherigen Nutzung als Tanzsalon nicht in Übereinstimmung bringen lassen. Das große legendäre Wandbild wurde bereits abgehängt – ein Jammer! Natürlich werden die dort bislang ansässigen Milongas neue Standorte finden; das Parakultural hat bereits angekündigt, dass es ab Januar im traditionsreichen Salón Marabu (in der Maipú 365) stattfinden wird. Dieser Salon hat zwar – anders als das Canning – eine schöne große Bühne, ist aber für meinen Geschmack ansonsten weniger elegant. Warten wir ab, wie sich die Dinge dort entwickeln werden.


Tango tanzen während der Milonga im Salon Canning in Buenos Aires
Milonga im SALON CANNING / Buenos Aires

  • AUCH TRAURIG: Das „La Viruta“, mein geliebter Tango-Nachtclub, ist nicht mehr das, was es vor der Pandemie war! Vor allem am Mittwoch und Sonntag kamen dort viele hervorragende Profis und Laien hin (man konnte viele ehem. Weltmeister bestaunen) und es gab eine prickelnde Atmosphäre, in der sich Einheimische und Tourist*innen aus aller Welt begegneten. Das ist zur Zeit nicht mehr so: Die beliebten Nächte sind flau und wenig besucht, sie enden um 3.30 Uhr statt wie früher um 5 oder 6 Uhr, am Donnerstag findet gar keine Milonga mehr statt, am Freitag und Samstag ist das Publikum sehr durchwachsen, das war auch schon früher so … Ein Freund erzählte mir, die (junge) Szene habe sich in „La Comedia“ verlagert, dort finden die Milongas bis in den frühen Morgen statt – aber in meinen Augen ist das keine gute Alternative (ich war mehrmals dort): Der Raum und vor allem die Tanzfläche sind klein und immer rappelvoll, so dass an ein genussvolles Tanzen nicht zu denken ist. Die Musik ist super laut – also auch keine Unterhaltungen, das Licht ist dunkel – also keine oder kaum Cabeceos (na gut, das ist in der Viruta auch nicht anders …). Manches von der prickelnden Energie der Mittwoch- und Sonntagnächte in der Viruta habe ich am Montagabend im „Club Villa Malcolm“ bei der Milonga El Motivo Tango wiedergefunden: ab 22.30 Uhr tauchen dort die Jungen und Schönen in Scharen auf, auch viele Profis, aber leider bleibt man dann weitgehend unter sich, man kennt sich eben. Und außerdem endet diese Milonga ja auch bereits um 1 Uhr. Ich hoffe sehr, dass die Viruta zu ihrem alten Glanz zurückfindet: Die Akustik ist dort ebenso großartig wie die Tanzfläche oder die Bar oder die Musik – und eben die Stimmung insgesamt. (Das Abflauen der Energie mag auch damit zusammenhängen, dass Horazio Godoy mit seiner Partnerin in den letzten Monaten auf Europatournee war, aber wie ich höre, ist er gerade zurückgekehrt … warten wir also ab, wie sich die Dinge weiter entwickeln.


Milonga im Tango-Club La Viruta in Buenos Aires
Tango-Club LA VIRUTA / Buenos Aires

  • UND SONST NOCH TRAURIG: Im schönen Sala Siranush (gegenüber der „Viruta“) finden (aktuell?) keine Milongas mehr statt! Die „Milonguita“ am frühen Mittwochabend war immer ein schöner Start, um anschließend die Straßenseite zu wechseln und gegenüber in der „Viruta“ weiterzutanzen.

  • WAS SICH SONST NOCH VERÄNDERT HAT: Die Milonga „Viva la Pepa“ (lange in der Villa Malcolm ansässig, zuletzt in La Nacional) gibt es nicht mehr, schade. Das „Cachirulo“, das in den letzten Jahren viel gewandert ist, findet aktuell am Dienstag und Samstag nur im El Beso statt (siehe meine Rezension auf Facebook). Das „Sueño Porteño“ ist erneut gewandert und nun nicht mehr in San Telmo, sondern in Palermo ansässig, ich habe den neuen Ort allerdings noch nicht besucht. Die „Chiflada“, die ich im März vorgestellt hatte, findet nicht mehr wöchentlich am Freitag im El Beso statt, sondern aktuell nur einmal im Monat (an jedem ersten Sonntag) in der Villa Malcolm, ab März soll sie dort wieder wöchentlich stattfinden. Das „Parakultural“ im Salon Canning findet – anders als noch auf der Homepage zu finden – nicht mehr am Montag statt, sondern nur am Dienstag und Freitag; es ist wie immer rappelvoll, für genussvolles Tanzen also auch nur bedingt geeignet, aber zum Sehen und Gesehen-Werden natürlich ideal! Über weitere Veränderungen wird zu berichten sein …

  • NOCH EINE BEMERKUNG ZU DEN ÖRTLICHKEITEN: Ein Bekannter – zum ersten Mal in Buenos Aires – hatte sich in San Telmo einquartiert in der Annahme, das sei das Barrio de Tango, und war dann ziemlich erstaunt, dass in San Telmo und den umliegenden barrios kaum noch Milongas stattfinden. Nach wie vor ist die Confitería Ideal geschlossen, ebenso das Centro Región Leonesa, in dem früher schöne Milongas stattfanden (legendär: Das „El Niño Bien“), ebenso das Obelisco Tango. Mein Eindruck ist in der Tat, dass sich die Szene mehr und mehr in die nördlichen Bezirke verlagert hat, vor allem nach Palermo und Almagro. (Eine Ausnahme bildet das Marabú, auch genannt Milonga del Centro, in dem mehr und mehr Milongas stattfinden, und natürlich das El Beso in Balvanera.) Das sollten Tango-Tourist*innen also ggf. bei der Auswahl einer Unterkunft beachten.



Milonga im El Beso in Buenos Aires
Tango im EL BESO / Buenos Aires


Ein MILONGA-WOCHENPLAN für den Einstieg (Stand November 2022):

Es ist eine Herausforderung, sich in Buenos Aires in den Milongas zu orientieren, denn schon ein kurzer Blick in die einschlägige App bzw. Webseite „Hoy Milonga“ zeigt: Es finden jeden Tag 15 bis 20 Milongas statt, am Wochenende sogar bis zu 30.

Damit beginnt aber auch das Problem, denn man bekommt auf Hoy Milonga nur die basalen Informationen: Ort, Zeit, Veranstalter und ob es vorher eine Práctica oder Unterricht gibt oder später eine Aufführung oder Livemusik. Und wenn man sich nicht auskennt oder zum ersten Mal hier ist, ist man erstmal ziemlich aufgeschmissen. Wie also sich orientieren? Hier ein grundsätzlicher Tipp: Die Veranstalter bewerben ihre Milongas durchaus offensiv, findet man also eine Milonga auf „Hoy Milonga“ interessant, empfiehlt es sich zunächst, diese auf Facebook zu suchen, dort gibt es zumeist ergänzende Informationen, also welches Orchester spielt, wer tanzt vor, wer sind die Lehrer beim Kurs etc. Fast alle Milongas sind auf Facebook ausführlicher beschrieben, es können auch Fotos der vergangener Milongas angesehen oder Kommentare von Teilnehmenden durchgestöbert werden. Das gibt schon einen vertieften Eindruck von dem, was erwartet werden darf. Ferner kann man auch darauf vertrauen, dass überall Informationen ausgetauscht werden, wo es ähnliche Milongas gibt wie diejenige, die einem gerade gefällt, so dass die eigentliche Herausforderung darin besteht, den richtigen Einstieg zu finden. Ich mache darum hier einen Vorschlag, wie ein „Wochenplan“ in den verschiedenen Kategorien aktuell (Stand November 2022) aussehen könnte und danke mehreren Freund*innen für ihre diesbezüglichen Anregungen; zugleich lade ich alle Mitglieder unserer Facebook-Gruppe „Tango Tourists in Buenos Aires networking together“ dazu ein, ihre eigenen Ergänzungen einzufügen.

Zur Charakterisierung der verschiedenen Typen von Milongas verwende ich zunächst die grobe Unterscheidung von Traditionellen Milongas (T) und Informellen Milongas (I) sowie Open-Air-Milongas (O) und unterteile die ersteren noch einmal in unterschiedliche Niveaus im Hinblick auf das Tanzniveau und die Zugänglichkeit. Der Einfachheit halber übernehme ich dafür die üblichen Kategorien für die Beschreibung von Kursangeboten: P = principiantes (Anfänger, eher einfaches Niveau), I = intermedios (Mittelstufe) und A = avançados (Fortgeschrittene). Die Kombination T_PI bedeutet also: „Traditionelle Milonga mit einfachem bis mittlerem Tanzniveau“; T_A wäre entsprechend eine „Traditionelle Milonga für Fortgeschrittene“. Sehr wichtig für den Charakter einer Milonga ist zudem, welche Altersgruppe von dieser Milonga vorzugsweise angezogen wird: Die Ziffern am Ende sollen eine Vorstellung davon geben, ob eher junge, ältere oder mittlere Altersgruppen prägend sind. Dort, wo die Altersspanne besonders groß ist, habe ich dies mit zwei Ziffern zu markieren versucht, sonst habe ich zu der dominierenden Altersgruppe ein + eingefügt. Wir müssen ausprobieren, ob diese Kategorisierung funktioniert; gegebenenfalls werden wir weitere Kategorien einführen, eure Kommentare und Ergänzungen hierzu sind herzlich willkommen.


Nachfolgend die PDF mit der Milongawoche in Buenos Aires (auch zum Download):

Milongawoche-Buenos-Aires-Dez22
.pdf
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Text und Fotos: Christine Garbe



Die Tanguera Christine Garbe zu Besuch in Buenos Aires, Argentinien
Tanguera Christine Garbe in Buenos Aires

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